Wolkenstein im Laufe
der Jahrhunderte

Burgen und Schlösser

Burgruine Wolkenstein. Fischburg. Ciastelat.

L ciastel "Fischburg" coche l ie al didancuei
Vedla cherta cun la ududa dal Ciastel de Val deviers dla dlieja

Wolkenstein ist die einzige Gemeinde im Tal, die über eine Burg, die Fischburg, verfügt; außerdem gibt es die Ruine im Langental und Spuren einer weiteren Ruine am Felsenvorsprung von „Uedli“ (Schloss „Ciastelat“). Über die Schlösser und Burgen in Gröden wurden bereits viele Nachforschungen angestellt, viele Thesen konnten aber bis heute nicht bewiesen werden. Wir geben hier vor allem die Aussagen der Historiker Oswald Trapp („Tiroler Burgenbuch-Eisack“) und Anton Schwob („Oswald von Wolkenstein“) wieder und berufen uns auf verschiedene Artikel, die im „Calënder de Gherdëina“ erschienen sind (größtenteils verfasst von Pater Fedele).

Die Burgruine Wolkenstein im Langental.
Die Burgruine im Langental hängt wie ein Adlerhorst an der Steviolawand. Die Burg wurde wahrscheinlich zwischen 1200 und 1235 von den Vorfahren der Grafen von Wolkenstein als Jagdschloss erbaut oder aber von Grafen, die auf der Flucht waren und sich deshalb in keinem anderen Schloss niederlassen konnten. Man nimmt an, dass das Schloss das ganze Jahr über bewohnt wurde. Für die Bauzeit gibt es zwar keinen konkreten Beweis, wohl aber verschiedene Vermutungen. Die Bauweise lässt darauf schließen, dass das Schloss aus der Zeit der Raubritter stammt. In Bozner Notariatsakten aus dem Jahr 1237 wird mehrmals ein gewisser Arnoldus von Wolkenstein erwähnt, was vermuten lässt, dass er der erste Bewohner des Schlosses im Langental war. Arnoldus dürfte ein Nachkomme der Herren von Kastelruth gewesen sein, die damals die Herrschaft über unser Tal innehatten. Einer seiner Nachkommen war Heinrich von Kastelruth („der Maulrapp“). Dessen Söhne Rupert, Fritz und Ulrich verzichteten 1293 auf das Schloss und das Gericht Wolkenstein und überließen es Randolf von Villanders-Pardell. Der Name des Schlosses stammt nicht von den Grafen; wahrscheinlich haben, umgekehrt, die Grafen den Namen vom Schloss übernommen. Der Name Wolkenstein könnte Nachforschungen zufolge auf den Berg Langkofel zurückzuführen sein. In alten Unterlagen des Gerichts Wolkenstein spricht man von „Wolckhenstain“, einem großen, Furcht einflößenden Berg, den noch niemand bestiegen hat, für dessen Umrundung man einen ganzen Tag benötigt, der aufgrund von Wolken und Steinschlägen sehr gefährlich ist und der zwischen den Gerichten von Kastelruth (Castelreundt), Fassa (Effas) und Gufidaun (Geuffithaun) liegt. Anfangs hatte das Schloss im Langental mit Sicherheit fünf Stockwerke; vorne gab es einen Zwinger, der von Schutzmauern umgeben war, und hinten, Richtung Stevia, ein Wasserreservoir (2 m tief und 1,2 m breit, das man noch heute sehen kann). Das Wasser musste wahrscheinlich hinaufgetragen werden, da das Reservoir vor allem als Reserve gedacht war. Ungewiss ist, wo genau sich das alte Schloss befand („Alt Wolkenstein). Marx Sittich von Wolkenstein (1563-1620) spricht von „zwei alte burgstall und schloss“, die scheinbar in der Nähe des „Neu Wolkenstein“ lagen (aus den „Schlern Schriften“ aus dem 1936). Das Schloss im Langental könnte auch als Kontrollpunkt gedient haben, da es direkt am „Troi Paian“, dem ersten historischen Weg durch Gröden, lag, der von Juac und Daunëi kommend durch das Langental zum Costabellawald „Pastura“, „Uedli“, Plan und über die Freawiesen bis zum Grödner Joch führte. Auf einem Porträt in Schloss Summersberg aus dem Jahr 1644, das den Grafen Engelhard Dietrich von Wolkenstein zeigt, erkennt man unter der Ruine an der Steviawand einen Schatten des alten Schlosses. Die Vermutung, dass schon früher hier ein Schloss stand, wird dadurch bekräftigt. Diese Annahme wird auch durch Mauerreste bestätigt, die sich etwa 200 m unterhalb der Ruine befinden. Es könnte sich dabei um Stallungen gehandelt haben, wo die Pferde untergestellt wurden und wo die Ritter sich ausruhen konnten. Die Grundmauern wurden fast gänzlich von Steinschlägen zugedeckt, und nur archäologische Ausgrabungen könnten Aufschluss über die Geschichte geben.
1311 war Randolf von Villanders Herr dieser Burg. Er herrschte mit eiserner Hand über die „armen Grödner“ und kümmerte sich wenig um die Gerechtigkeit. Er war vielmehr darauf bedacht den größtmöglichen Profit zu erzielen. Dies ging sogar soweit, dass die Frauen sich nicht mehr aus dem Haus trauten, nicht einmal zum Kirchgang. Erst 1370 gab sich sein Sohn Conrad den Namen „Wolkenstein“ und ließ ein neues Wappen (mit Wolken) anfertigen, das mit dem heutigen Gemeindewappen von Wolkenstein große Ähnlichkeit hat. Conrad war der erste, der offiziell den Namen Wolkenstein trug und der sich eines neuen Wappens bediente. Sein Sohn Friedrich, der erste Nachkomme der Familie von Wolkenstein, dürfte nur kurz im Schloss im Langental gelebt haben, da er sich nach seiner Heirat in der Trostburg in Waidbruck niederließ. Im Schloss im Langental lebte vermutlich eine Zeit lang auch der Minnesänger Oswald von Wolkenstein (geboren 1377, gestorben 1445 in Meran und in Neustift bei Brixen begraben), ein Sohn Friedrichs. Laut Pater Fedeles Niederschriften, soll das Schloss im Langental 1525 von einem Stein zerstört worden sein, der sich von der Steviolawand gelöst hatte. Oswald Trapp hingegen behauptet in seinem Werk „Tiroler Burgenbuch“ dies sei schon vor dem Jahre 1522 geschehen, dass das Schloss danach aber trotzdem noch mehrere Jahre lang von den Herren von Wolkenstein bewohnt wurde.  Einer Legende zufolge soll schon einige Tage vor dem Steinschlag eine große schwarze Wolke die Steviolawand und das Schloss im Langental eingehüllt haben, um die Bewohner zu warnen und sie aufzufordern das Schloss rechtzeitig zu verlassen. Der Graf hatte sich daher frühzeitig in Wolkenstein nach einer neuen Sommerresidenz umgesehen und ließ um 1500 das kleine Schloss Ciastelat am Felsüberhang „Uedli“, ebenfalls in Wolkenstein, erbauen. Glaubhafter ist allerdings jene Version, die besagt, dass 1511 ein großes Erdbeben mit Epizentrum im Friaul einen Großteil des Schlosses beschädigt hat und dass sich die Grafen daraufhin nach einer neuen Bleibe umsehen mussten. Das Schloss Langental zerfiel gänzlich zur Ruine und erst zwischen 1974 und 1977 setzte sich der Heimatpflegeverein dafür ein, dass hier Arbeiten durchgeführt würden. Finanziert durch die Gemeinde und die Provinz Bozen wurden diese Arbeiten 1979 abgeschlossen.

Die Ruine Ciastelat „Sai uedli"
Von dieser Burg ist so gut wie nichts mehr erhalten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts sollen hier allerdings noch Burgmauern zu sehen gewesen sein (so Pater Fedele 1897). Heute führt von der Pension Scoiattolo aus ein in den 1970er Jahren erbauter Weg zum Aussichtspunkt „Sai uedli“. Ein zweiter Weg wurde 2005 angelegt und führt vom Hotel Sun Valley hinauf auf den Costabellarand („Pastura“) und weiter bis zum Dantercëpies.  Hier führte früher mit großer Wahrscheinlichkeit auch der historische Weg „Troi Paian“ vorbei; noch heute kann man nämlich auf halber Höhe einen Graben erkennen, der jetzt allerdings zugewachsen ist.

Die Fischburg
Die wohl bekannteste Burg in Wolkenstein ist die Fischburg. Sie wurde zwischen 1622 und 1641 von Graf Engelhard Dietrich (1566-1647, seit 1630 Graf zu Wolkenstein) am Waldrand zwischen Wolkenstein und St. Christina erbaut, eingebettet in Wiesen, wo es dazumal acht kleine Seen gab, in denen die verschiedensten Fischarten lebten. Die Fischburg wurde von den Grafen vor allem im Sommer bewohnt, allerdings nur etwa 200 Jahre lang. Graf Engelhard Dietrich (Bruder des Historikers Marx Sittich) verlor seinen Vater schon als Kind und sollte eigentlich eine kirchliche Laufbahn einschlagen. Er aber distanzierte sich davon und studierte in mehreren europäischen Städten. Als er 1595 zurückkehrte, verlangte er seinen Erbteil und erhielt die Trostburg und das Gericht Wolkenstein. Er ehelichte Ursula von Wolkenstein-Rodeneck und lebte mit ihr auf der Trostburg. Graf Engelhard Dietrich war streng gläubig und ein großer Anhänger des Kapuzinerordens (dem dann auch zwei seiner Söhne beitraten). Noch größer als seine Bewunderung für den Kapuzinerorden war allerdings die Lust am Bauen, und so beschäftigte er sich sein ganzes Leben lang mit seinen Gebäuden. Die im Renaissancestil erbaute Fischburg ist die letzte in Tirol errichtete Burg. Sie verfügt über eine Schlossmauer, die als Schutz vor Feinden dienen sollte. Dies war allerdings eher ungewöhnlich, da die Burg sich nie verteidigen musste, wie das bei älteren Schlössern der Fall war, oder solchen, die strategisch günstiger gelegen waren. Graf Engelhard Dietrich versuchte Erzherzog Leopold aus Tirol davon zu überzeugen, dass dieses Schloss notwendig sei, um sich vor einer eventuellen Invasion aus Venetien zu schützen. Er hatte aber nicht Erfolg mit dieser Forderung und die finanziellen Mittel blieben aus, ebenso wie die Soldaten, die die Burg hätten auf Staatskosten bauen sollen. Also ließ Graf Engelhard zunächst nur jenen Teil errichten, wo er mit der Familie den Sommer verbringen wollte, später dann die Schlossmauern und schließlich den großen Turm (erst 1643 fertiggestellt). Anstelle des Militärdienstes konnten die jungen Männer aus der Gegend am Bau der Burg mithelfen. Nach Engelhard Dietrich wurde zunächst dessen Sohn Conrad Dietrich Schlossherr und dann der Enkel Johann Baptist. Es folgte schließlich dessen Bruder Maximilian Carl, der die Burg mit Möbeln und wertvollen Gemälden ausstattete und die Treppe im ersten Innenhof erbauen ließ. Als Schlossherren folgten weiters Ferdinand Carl (gestorben 1686), Johann Josef (gestorben 1754) und Anton Maria Graf von Wolkenstein (gestorben 1806). Letzterer hatte die Fischburg 1759 geerbt und ließ mehrere Arbeiten an der Außenfassade durchführen, ebenso am Dach, an den Fenstern und in den Zimmern. Er beauftragte außerdem den Bildhauer Melchior Vinazer (1622-1689) aus St. Ulrich mit der Anfertigung neuer Ornamente. Der Sohn von Anton Maria, der denselben Namen des Vaters trug, verstarb nur zwei Jahre nach seinem Vater (1808). Seine Kinder zeigten kein Interesse für die Fischburg, sodass das gesamte Mobiliar sowie wertvolle Gemälde 1826 zur Versteigerung angeboten und schließlich für 808 Gulden verkauft wurden. Die Fischburg wurde schließlich von Graf Leopold von Wolkenstein (einem Sohn von Anton Maria II), der das Schloss 1841 geerbt hatte, den Gemeinden Wolkenstein und St. Christina geschenkt, die es den Armen zur Verfügung stellen sollten. Nur den höchsten Turm behielt er als Sommerresidenz. Die beiden Gemeinden richteten die Burg also als Armenhaus ein. In dieser Zeit allerdings zerfiel das Schloss zusehends: Um die hohen Räumlichkeiten beheizen zu können, wurden Möbel und Holztäfelungen als Brennholz verwendet. Am 6. Oktober 1925 beschloss die Gemeinde Wolkenstein unter Bürgermeister Franz Komploi (Tieja) ihren Anteil Baron Franchetti aus Rom zu verkaufen. Als Gegenleistung musste der Baron die Baracken in Plan herrichten lassen, wo sich früher die Militärlager des Ersten Weltkrieges befanden. Es wurden vier Wohnungen eingerichtet, die notdürftigen Familien aus Wolkenstein zur Verfügung gestellt wurden. Der Vertrag wurde 1926 abgeschlossen, und der Baron ließ wie vereinbart die alten Baracken herrichten. Einige Jahre später erwarb Baron Franchetti von der Familie von Wolkenstein auch den Turm der Fischburg. Baron Franchetti ließ die Burg in bewundernswerter Weise renovieren, suchte in Südtirol und dem Trentino nach alten Stuben, Sälen und Keramiköfen und ließ diese in der Fischburg einbauen, sodass sie wieder bewohnbar wurde. 1930 verlieh die Gemeinde Wolkenstein (damals angeführt vom faschistischen podestà Lodovico Donati) Baron Franchetti die Ehrenbürgerschaft von Wolkenstein, da er durch seine Bemühungen dem Fremdenverkehr und dem Wintersport einen großen Impuls gegeben hatte. Auch heute noch ist die Fischburg in Besitz der Familie Franchetti und der Öffentlichkeit nicht zugänglich.  Zwischen 1990 und 2000 gelang es dem Tourismusverband Gröden im Rahmen von „Valgardenamusika“ im Innenhof des Schlosses mehrere Konzerte zu veranstalten.

Col dala Pelda, Col dala Forcia und Col da Larjac
Col dala Forcia heißt der Hügel, der am Haus Villa Carolina liegt, links von der alten Straße, die von Wolkenstein nach St. Christina führt, und südlich von Col dala Pelda, das sich rechts von der Straße befindet. Etwas weiter nördlich (ca. 100 m), Richtung Col Raiser, liegt Col da Larjac. Diese drei Hügel spielten in der Geschichte unseres Tales eine große Rolle, waren sie doch Gerichts- und Hinrichtungsstätten. Am Col dala Forcia wurden all jene hingerichtet, die etwas verbrochen hatten. Hier soll es einen Graben aus Stein gegeben haben, der mit spitzen Eisen ausgelegt war. Die Übeltäter wurden in diesen Graben geworfen und ihrem Schicksal überlassen. Auf diesem Hügel gab es außerdem einen Galgen, an dem die Verbrecher gehängt wurden. Bis um 1800 lag es in der Macht der Grafen von Wolkenstein Verbrecher zu verurteilen und zu foltern, und so fand man hier verschiedene Einrichtungen, die zur Hinrichtung dienten. In einem Buch des Kuraten Josef Anton Vian (1804-1880), das 1864 erschienen ist, findet man folgende Textstelle: „Wolkenstein und Colfuschg standen unter dem teritorial kleinen Gericht Wolkenstein der Dynasten, Grafen von Wolkenstein-Trostburg. Diese übten über diesen Landesteil nicht nur die ganze Gerichtbarkeit aus, sondern urteilten über Leben und Tod ihrer Untertanen. Erst vor wenigen Jahren, also nach 1845, zerfiel der gemauerte Galgen auf dem Hügel genüber Col da la Pelda, welchen Platz die Leute noch (1864) mit Schauder betrachten.“ Es zeigt sich also, dass an diesem Galgen und diesem Graben mindestens 200 Jahre lang (von 1641 bis Mitte des 18. Jahrhunderts) die Verbrecher durch das Gericht der Grafen von Wolkenstein/Trostburg hingerichtet wurden.
Wilhelm Moroder-Lusenberg (1877-1915) schreibt in seinem 1908 erschienen Buch über St. Ulrich, dass im Haus Col dala Pelda (1640 erbaut) mehrere Prozesse abgehalten wurden. Das Haus gehörte zwei Gräfinnen der Familie Wolkenstein, die sich hier niedergelassen hatten, da während der Wintermonate die Fischburg im Schatten lag. Vermutlich wurde das Gericht, das für die damalige Zeit äußert edel möbliert war, erst nach dem Ableben der beiden Damen hier eingerichtet. Den in barockem Stil erbauten Bildstock, mit kleinen rötlichen Abbildungen, kann man noch heute sehen. Er wurde vermutlich vor 1670 erbaut und stand in engem Zusammenhang mit der Hinrichtungsstätte von Col dala Forcia. So konnten hier sowohl die Hingerichteten als auch die Henker, die die Hinrichtung vollstreckten, ein letztes Gebet aussprechen. Hierher führte auch, ausgehend vom Grödner Bach über die Wiesen von Runcac, der Bußweg. Col dala Pelda, Col dala Forcia und Col da Larjac waren bis zum Bau der Grödner Straße bei Dorives ein zentraler Ort im Tal. Hier führte nämlich die einzige Straße vorbei, die St. Christina und Wolkenstein verband. Außerdem hatte man von hier aus die Kontrolle auf all jene, die vorbeikamen. Im Keller des alten Hauses und Gasthauses Runcac (1943 durch ein Feuer zerstört) befand sich das Gefängnis, am Dossesplatz hingegen wurden die Verbrecher gefoltert. Die Fischburg soll durch einen kleinen Tunnel mit Col dala Pelda verbunden gewesen sein. Man erzählt sich (auch wenn dies noch nie bewiesen werden konnte), dass der Tunnel dazu diente, die Gefangenen von der Fischburg zur Gerichtsstätte am Col dala Pelda zu führen. Auch wichtige Dokumente sollen durch diese geheime Verbindung vom Schloss zum Gericht gebracht worden sein.