Fremdenverkehr
Mit dem Besteigen der Berggipfel kam gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Gröden der Fremdenverkehr auf. Etwa 30 bis 40 Jahre später gewann das Skifahren immer mehr an Bedeutung und seit 1970 überwiegt der Wintertourismus sogar über den Sommertourismus.
Die Entwicklung des Fremdenverkehrs
Erste Unterlagen zum Fremdenverkehr in Wolkenstein gibt es erst seit 1938, als nämlich das erste Fremdenverkehrsamt gegründet wurde. Um überhaupt als Kur- und Fremdenverkehrsort angesehen zu werden, musste der Ort bereits einen bestimmten Namen haben. Genaueres hingegen weiß man über die alten Beherbergungsbetriebe, die Erstbesteigungen in den Dolomiten und über die Geschichte des Wintersports. Details über die Entwicklung des Fremdenverkehrs kann man daher in den Kapiteln Alpinismus, Wintersport und Gasthäuser nachlesen. In Gröden begann der Fremdenverkehr mit den ersten Alpinisten, die im Sommer ihren Urlaub hier verbrachten, um die Dolomiten zu besteigen. Der Deutsch-Österreichische Alpenverein spielte dabei eine wesentliche Rolle. Bereits 1902 erschien der erste Führer zu unseren Bergen („Grödner Führer“) mit Auskünften über die Region und unsere Bergwelt. Damals gab es bereits eine Pferdeverbindung zwischen Waidbruck und Plan sowie einen „Fahrplan der regelmässigen Post- und Stellwagen“. Der Wintertourismus hielt in Wolkenstein erst 30 Jahre nach dem Sommertourismus Einzug, auch wenn bestimmte Wintersportarten, vor allem das Rodeln, schon um 1900 in Wolkenstein betrieben wurden. Der Rodelclub Gröden war der erste Wintersportverein im Ort, und er war es auch, der 1908 das erste Skirennen austrug.
Der Verschönerungsverein
Wolkenstein hatte sich bereits vor 1930 in ganz Italien einen Namen gemacht, auch wenn es noch kein Fremdenverkehrsamt gab.
Einen Verschönerungsverein hingegen gab es bereits; der älteste Werbeprospekt aus Wolkenstein stammt nämlich aus dem Jahr 1911. Wann genau der Verschönerungsverein gegründet wurde, ist nicht bekannt, da die Unterlagen vermutlich 1924 beim Brand das Gasthofes La Gërva zerstört wurden. Werbematerial über Wolkenstein wurde vor allem über den Deutsch-Österreichischen Alpenverein verteilt sowie mit Hilfe von Journalisten, die über Alpinismus und Sport berichteten.
Das Fremdenverkehrsamt Wolkenstein
Die beiden Ansuchen für die Gründung eines Fremdenverkehrsamtes vom 31. Oktober 1926 und ein weiteres Mal im Jahr 1930 enthielten folgende statistische Daten aus dem Jahr 1924: 10 Hotels mit 530 Betten, 2 Schutzhütten mit 90 Betten (Grödner- und Sella Joch), 30 Privatzimmervermieter mit 140 Betten. Insgesamt also 760 Betten. Außerdem: 433 italienische Gäste mit 1.678 Nächtigungen, 1.294 ausländische Gäste mit 6.830 Nächtigungen. Insgesamt also 8.508 Nächtigungen. 1925 zählte Wolkenstein bereits 577 italienische Gäste mit insgesamt 2.918 Nächtigungen und 1.916 ausländische Gäste mit 9.629 Nächtigungen.
1939 gab es in Wolkenstein schon 70 Häuser mit einer Zimmervermietungslizenz (sieben der höchsten Kategorie, 18 der zweiten Kategorie, 27 der dritten und 18 der vierten Kategorie) sowie zwei Schutzhütten. Der Ort zählte außerdem 17 Hotels (eines der ersten, zwei der zweiten, vier der dritten und vier der vierten Kategorie sowie sechs Pensionen). Aus einem Protokoll aus jenem Jahr geht hervor, dass Wolkenstein damals über 1.690 Betten verfügte (680 davon in Privathäusern und 1.010 in den 17 Gasthäusern und Pensionen) und 106.316 Nächtigungen verzeichnete. Die Anzahl der Nächtigungen vom Jahr 1939 wurde erst wieder in den Jahren 1955/56 erreicht. Am 7. Jänner 1938 wurde erstmals offiziell (mit Dekret des Italienischen Staates) den beiden Gemeinden Wolkenstein und St. Christina die Bezeichnung Kur- und Fremdenverkehrsort verliehen, und es wurde ein Fremdenverkehrsamt eingerichtet, um den Tourismus in den beiden Orten anzukurbeln.
Nachdem der podestà Vincenzo La Porta alle Weichen zur Einrichtung dieser Institution gestellt hatte, wurde Walter Pitscheider (Hotel Oswald) 1939 zum ersten Präsidenten des Fremdenverkehrsamtes bestimmt (Kommissar). Man kann sich gut vorstellen, dass der Präsident ohne Einverständnis des faschistischen Regimes nur wenig zu sagen hatte, kam er jedoch mit den Anführern gut aus, stand ihm eine solide und gut finanzierte Struktur zur Verfügung. Die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg (1939-45) brachten das Fremdenverkehrsamt in große Schwierigkeiten, da die Touristen verständlicherweise ausblieben. Bis 1930 hatte Emilio Comici das Amt des „podestà“ inne und war bis zu seinem Tod am 19. Oktober zugleich auch Kommissar des Fremdenverkehrsvereins, da Walter Pitscheider aus politischen Gründen dieses Amt hatte abtreten müssen. 1943, als der Zweite Weltkrieg seinen Höhepunkt erreichte, musste auch der damalige Direktor Fronza in den Krieg. Das letzte Protokoll wurde im April 1943 verfasst. Ab diesem Datum gab es bis 1945 keine Fremdenverkehrsorganisation in Wolkenstein. Von August 1943 bis Ende 1944 wurde die Gemeinde vom kommissarischen Bürgermeister Adolf Senoner (Vastlé) verwaltet. Er war von den deutschen Truppen damit beauftragt worden, und diese hatten die gesamte touristische Aktivität auf Eis gelegt. Alle größeren Beherbergungsbetriebe (Oswald, Post, Mondschein, Maciaconi, Wolkenstein und Stern sowie die Schutzhütte am Sellajoch) waren von der Wehrmacht beschlagnahmt worden, um Soldaten und deutsche Offiziere unterzubringen oder um Lazarette einzurichten. Von 1947 bis 1950 wurde kein Protokoll verfasst und daher auch keine Bilanz erstellt. Ein erstes Protokoll gibt es erst wieder vom 19. November 1950. Dieses war anlässlich einer Sitzung im Hotel Post niedergeschrieben worden. Bei dieser Sitzung wurde erneut die Anerkennung Wolkensteins als Fremdenverkehrsort behandelt, was der Ort ja schon vor dem Krieg war. Dieser Titel wurde erst wieder am 19. September 1953 anerkannt. Es wurde also das Fremdenverkehrsamt Wolkenstein gegründet (mit Zuständigkeit nur mehr für Wolkenstein und nicht mehr für St. Christina).
Der Tourismusverein Wolkenstein
Das Fremdenverkehrsamt wurde durch ein Gesetz der Provinz privatisiert und mit 1. Jänner 1994 zum Tourismusverein (der Gründungsakt ist mit 12. Mai 1993 datiert, die erste Wahl des Ausschusses erfolgte im September 1993). Der Verein wurde also von einer öffentlichen Institution zu einem privaten Verein, was sowohl positive als auch negative Auswirkungen zur Folge hatte. Von Vorteil war sicherlich der geringere bürokratische Aufwand, wodurch man sich leichter und schneller an die wechselnden Anforderungen des Marktes anpassen konnte. Ebenso positiv waren auch der nun mögliche Gedankenaustausch unter den Mitgliedern sowie die Direktwahl von Ausschuss und Präsident. Als negativ hingegen wurde die Tatsache gesehen, dass die Einrichtung nicht mehr von öffentlichen Geldern getragen wurde und dass die Mitglieder somit selbst alle anfallenden Kosten des Vereins decken mussten.
Präsidenten und Kommissare des Fremdenverkehrsvereins bzw. Tourismusvereins Wolkenstein
- Vincenzo La Porta (Kommissar) - ab 19.06.1938
- Walter Pitscheider - Hotel Oswald (Kommissar) - von Ende 1939 bis 25.05.1940
- Emilio Comici („podestà“ und Kommissar) - vom 01.08. bis 19.10.1940
- Ing. Arturo Tanesini („podestà“ und Kommissar) - vom 01.11.1940 bis Sommer 1943
- Francesco Mosna (Bürgermeister) - Dezember 1944
- Von 1944 bis 1950 gab es keine Tourismusorganisation.
- Oswald Pitscheider - Hotel Oswald - vom 19.11.1950 bis 31.12.1955
- Franz Klotzner (Kommissar), von der Landesregierung ernannt - vom 01.01.1955 bis 30.04.1957
- Dr. Renato Penso (Apotheker) - vom 02.05.1957 bis 1962
- Hans Vinatzer - Hotel Krone - von 1962 bis 28.02.1967
- Erich Demetz - Plan - vom 01.03.1967 bis 31.12.1970
- Vinzenz Demez - Hotel Stella - vom 01.01.1971 bis 06.07.1977
- Luis Demetz - Hotel Alpino - vom 07.07.1977 bis 14.09.1987
- Ernst Puntscher - Hotel Gran Baita - vom 15.09.1987 bis 25.10.2001
- Josef Kelder - Hotel Bellevue - vom 25.10.2001 bis 01.12.2013
- Christoph Vinatzer - Hotel Savoy - seit 01.12.2013
Geschäftsführer des Fremdenverkehrsvereins bzw. Tourismusvereins Wolkenstein
- Dr. Alberto Rasi - 1938
- Prof. Giuseppe Albertini - 1939 (einige Monate)
- Dr. Cesare Fronza aus Lavis - von Ende 1939 bis 1946
- Dr. Giovanni Pellini - 1943 (einige Monate)
- Von 1943 bis 1945 gab es keine Tourismusorganisation.
- Von 1946 bis 1950 wurde der Fremdenverkehr von der Gemeindeverwaltung geleitet.
- Dr. Umberto Oettl - von 1950 bis 1952
- Ermanno Gasser - 1954
- Gian Maria Beggiora - 1954/55 (einige Monate)
- Giuseppe Peratoni - Pufels - von 1955 bis 1975
- Dr. Rudolf Mussner - Garni Aghél von 1976 bis 1997
- und von 1997 bis 2005 Direktor des Tourismusverbandes Gröden
- Hansi Felder - St. Ulrich - von 1997 bis 2002
- Dr. Ferdinand Rudiferia - Hotel Somont - von 2002 bis August 2005
- Dr. Thomas Mussner - Predes - von 2005 bis April 2007
- Ellis Kasslatter - St. Ulrich - von 2007 bis 2013
- Irene Delazzer - Wolkenstein - seit 2013
Einige Persönlichkeiten, die ihren Urlaub in Wolkenstein verbracht haben
Wolkenstein war schon immer ein Ort, in dem bekannte Persönlichkeiten ihren Urlaub verbrachten. Wir erwähnen hier nur einige der wichtigsten:
der Alpinist Paul Grohmann (1864 bis 1890)
König Friedrich August (Sellajoch 1906)
der Psychologe Siegmund Freud (Hotel Oswald 1907)
König Albert von Belgien (Sellajoch 1911 und 1912)
König Umberto von Savoyen und andere Mitglieder der Königsfamilie (zwischen 1927 und 1935)
der Senator des Königs Arturo Marescalchi (ab 1930 mehrmals)
der Architekt Franz Baumann, u. a. Projektant der „Casa al Monte“ (1930-32) und des Hotels Monte Pana
der Wissenschaftler Enrico Fermi (Hotel Oswald 1935 bis 1937)
der Erfinder und Wissenschaftler Guglielmo Marconi (August 1934)
Prinzessin Paola Ruffo di Calabria - heute Paola, Königin von Belgien (1958 im damaligen Hotel Biancaneve)
der Philosoph Benedetto Croce
der Literat Luigi Russo
in den Kriegsjahren: die nationalsozialistischen Anführer Hermann Göring, Martin Bormann und die Familie von Heinrich Himmler.
In den letzten Jahren verbrachten auch verschiedene italienische Minister und Staatspräsidenten ihren Urlaub in Wolkenstein: Sandro Pertini (1965 bis 1986), Giovanni Leone, Francesco Cossiga und Carlo Azeglio Ciampi.
2008 war auch Prinz Albert von Monaco in Gröden zu Gast.
Der Tourismusverband Gröden
Der Tourismusverband Gröden, den es erstmals bereits unter dem Faschismus gab, wurde 1988 offiziell gegründet. Schon davor arbeiteten die drei Tourismusvereine des Tales zusammen, was aber nie schriftlich festgelegt und geregelt worden war. Man hatte erkannt, dass das Tal als touristische Einheit gesehen werden musste und ein guter Zusammenhalt die effizienteste Möglichkeit war, um das Tal zu bewerben.
Ausschlaggebend für eine enge Zusammenarbeit war sicherlich die Austragung der alpinen Skiweltmeisterschaften 1970. Der Verband hatte im Laufe der Jahre unterschiedliche Formen und Bezeichnungen angenommen: Nach den Weltmeisterschaften von 1970 trug er zunächst den Namen „Komitee für den Sport und den Tourismus in Gröden“, dann „Koordinationskomitee der Tourismusvereine“ und schließlich „Tourismusverband Gröden“. Seit 2008 nennt sich diese Einrichtung, die im Laufe der Jahre ihren Zuständigkeitsbereich erweitert und immer mehr Kompetenzen eingenommen hat, „Val Gardena/Gröden Marketing“. Das Sportkomitee (später „Koordinationskomitee“) lancierte die erste gemeinsame Werbekampagne und koordinierte Veranstaltungen auf Talebene. Dadurch wurde Gröden zu einer einzigen Tourismusdestination. Jeder Gemeinde wurden jene Aufgaben übertragen, die sie am besten und leichtesten bewältigen konnte.
Der ”Giro d’Italia” in Wolkenstein
Wolkenstein war sechs Mal Etappenziel der weltweit bekannten Italienrad-rundfahrt „Giro d’Italia“, und zwar zum ersten Mal 1983 auf Initiative der Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein, der auch einen Großteil der Kosten übernommen hatte. Der Erfolg bei den Zuschauern war enorm, sodass die Organisatoren der Radveranstaltung versprachen die Erfahrung auch im darauf folgenden Jahr zu wiederholen. Der Zieleinlauf wurde am Hotel Des Alpes aufgestellt, sodass die Hauptstraße vom Hotel Oswald bis zum Hotel Krone den ganzen Tag über für den gesamten Verkehr gesperrt war. Auf diese erste Veranstaltung folgten fünf weitere: 1984, 1985, 1991, 1998 und 2000 (die letzten beiden Male mit Zieleinlauf oberhalb des Gemeindehauses). Der „Giro“ ist natürlich noch viele weitere Male durch Wolkenstein gefahren.
In die Geschichte eingegangen ist sicherlich die Etappe vom 31. Mai 1953, als sich am Sella- und Pordoijoch scheinbar 50.000 Schaulustige eingefunden hatten. Sie waren mit 250 Bussen und 7.000 Autos angereist. Ein unvergessliches Erlebnis für das gesamte Tal.